4.5.3 Polymerisationsklebstoffe

Polymerisationsklebstoffe: Cyanacrylate (Sekundenklebstoff)

Allgemeine Beschreibung

  • Einkomponentenklebstoff (1K)
  • Aushärtung beginnt durch Kontakt mit Feuchtigkeit
  • Aushärtung zum Thermoplast

Physikalische Eigenschaften des unausgehärteten Klebstoffes:

  • Sehr dünnflüssig; modifizierte Systeme: gelartig

Verarbeitung:

  • Manuelle, halbautomatisierte oder automatisierte Verarbeitung
  • Bevorzugte Anlagentechnik ist über den Klebstoffhersteller zu erfragen
  • Verarbeitungstemperatur: Raumtemperatur
  • Normaler Anpressdruck
  • Klebschichtdicken: bei sehr dünnflüssigen Produkten oft nur bis 0,05 mm: gelartige Systeme: bis 0,2 mm
  • Fixierung bis zur Handfestigkeit
  • Arbeits- und Umweltschutz ist entsprechend anzuwenden (Allgemeines: s. Kapitel 7; Details: s. Sicherheitsdatenblatt)

Auslösung der Härtung:

  • Feuchtigkeit auf der Oberfläche bzw. Luftfeuchtigkeit
  • Feuchtigkeit auf Fügeteiloberflächen
  • Kontakt mit basischen Oberflächen, z. B. bestimmte Gläser
  • Saure Beimischungen oder saure Oberflächen verzögern oder verhindern die Härtung.
  • Luftfeuchtigkeit (40 – 80 % rel. Feuchte)
  • Handfestigkeit innerhalb Sekunden; Endfestigkeit nach 24 h
  • Bei mehr als 80 % rel. Feuchte oder stark basischen Oberflächen: Gefahr der Schockhärtung; führt zur reduzierten Festigkeiten auf Grund von Spannungen in der Klebschicht

Sekundenklebstoff: Typische Eigenschaften des ausgehärteten Klebstoffes

  • Mittlere bis hohe Festigkeiten
  • Sehr spröder Klebstoff, geringe Bruchdehnung
  • Typische Dauereinsatztemperatur bis 80 °C
  • Geringe Feuchtigkeitsbeständigkeit

Beachten:

  • Vor dem Kleben müssen die Fügeteile akklimatisiert werden, was wegen Kondenswassers auf den Fügeteilen wichtig ist und zur ungewünschten Schockhärtung des Klebstoffs führen kann.
  • Schockhärtung vermeiden
  • Nach Härtung: feuchtigkeits- und temperaturempfindlich

Bei Produktfragen siehe technisches Datenblatt oder Klebstoffhersteller kontaktieren.

Polymerisationsklebstoffe: Methylmethacrylat-Klebstoffe (MMA-Klebstoffe)

Allgemeine Beschreibung

  • 2-Komponentenklebstoff: Harz inklusive Beschleuniger und Härter
  • Aushärtung zum Duromer; einige MMA-Klebstoffe härten zum Thermoplast aus

Physikalische Eigenschaften des unausgehärteten Klebstoffe:

  • Flüssig bis pastös

Verarbeitung:

  • Manuelle, halbautomatisierte oder automatisierte Verarbeitung
  • Bevorzugte Anlagentechnik ist über den Klebstoffhersteller zu erfragen
  • Verarbeitungstemperatur: Raumtemperatur
  • Normaler Anpressdruck
  • Klebschichtdicke: unterschiedlich, je nach Verarbeitungsverfahren: AB-Verfahren: 0,2 – 0,4 mm, Härtelackverfahren: 0,15 – 0,25 mm
  • Verarbeitungsverfahren: A/B-VerfahrenHärtelackverfahren (No-Mix), herkömmliche 2K-Verarbeitung: Doppelkartsuchen, direkter Härterzusatz
  • Handfestigkeit nach einigen Minuten erreicht; Endfestigkeit nach Stunden
  • Wärmezufuhr während der Aushärtung nicht sinnvoll
  • Fixierung bis zur Endfestigkeit
  • Arbeits- und Umweltschutz ist entsprechend anzuwenden (Allgemeines: s. Kapitel 7; Details: s. Sicherheitsdatenblatt)

A/B-Verfahren

A/B-Verfahren

  • Ziel: Vereinfachung der Verarbeitung aufgrund leicht handhabbarer 1:1 Mischungen anstelle von schwierig einstellbaren Mischungsverhältnissen (z. B. 100:3); Vermeidung der Topfzeit
  • Prinzip: Verwendung von zwei Komponenten A und B im Verhältnis 1:1, die getrennt auf die Fügeteile aufgebracht werden und erst nach dem Fügen (Verpressen) miteinander reagieren oder konventionell vor Auftrag vermischt werden
  • Applikation: Auftrag von Komponente A auf Fügeteil A und Komponente B auf Fügeteil B; oder maschineller Auftrag beider Komponenten übereinander geschichtet bzw. nebeneinander auf Fügeteil A; oder durch Auftrag der Mischung
  • Komponente A: MMA-Monomer und Beschleuniger, meist ca. 6 Monate lagerfähig
  • Komponente B: MMA-Monomer und eine für die Gesamtmenge (A+B) ausreichende Härtermenge. Lagerfähigkeit ebenfalls ca. 6 Monate.

A/B-VerfahrenHärtelackverfahren (No-Mix-Verfahren)

A/B-VerfahrenHärtelackverfahren (No-Mix-Verfahren)

  • Ziel: Vereinfachung der Verarbeitung durch Wegfall von Mischungsvorgängen; Vermeidung der Topfzeit
  • Prinzip: Aufbringen des Härters als Härterlack auf Fügeteil A, Aufbringen von Harz und Beschleuniger auf Fügeteil B, Reaktion und Aushärtung nach dem Fügen
  • Härterlack: Lösung des Härters in einem leichtflüchtigen Lösemittel
  • Verarbeitung: Nach Aufbringen (z. B. Aufsprühen oder -pinseln) des Härterlacks und kurzer Ablüftphase ist das Fügeteil ohne Verminderung der Reaktivität z.T. mehrere Wochen lagerstabil; maximale Klebschichtdicken: 0,3 – 0,4 mm aufgrund einseitig fortschreitender Polymerisation

Typische Eigenschaften des ausgehärteten Klebstoffes

  • Hochfest
  • Relativ flexibel, mittlere Bruchdehnung
  • Dauereinsatztemperatur bis ca. 100 °C, kurzzeitig bis 180 °C

Beachten:

  • Mischungsverhältnis einhalten
  • Nicht Beschleuniger und Härter mischen: Explosionsgefahr!

Bei Produktfragen siehe technisches Datenblatt oder Klebstoffhersteller kontaktieren.

Polymerisationsklebstoffe: Anaerob härtende Klebstoffe

Anaerob härtender Klebstoff: Allgemeine Beschreibung

  • Einkomponentenklebstoff (1K)
  • Aushärtung unter Luftabschluss und Metallkontakt (Kupfer oder Eisen)
  • Aushärtung zum Duromer

Physikalische Eigenschaften des unausgehärteten Klebstoffes:

  • Flüssig

Verarbeitung:

  • Manuelle, halbautomatisierte oder automatisierte Verarbeitung
  • Bevorzugte Anlagentechnik ist über den Klebstoffhersteller zu erfragen
  • Verarbeitungstemperatur: Raumtemperatur
  • Normaler Anpressdruck
  • 1K-Verarbeitung
  • Härtung durch Metallkontakt (Kupfer oder Eisen) sowie Sauerstoff-Abschluss
  • Klebstoffschichtdicke: 0,02 – 0,3 mm
  • Geometrie muss Sauerstoffabschluss garantieren (z. B. Welle-Nabe-Verbindung, Schraubensicherung)
  • Aktive Oberflächen liefern benötigte Metallionen; bei passiven Oberflächen (Kunststoffe, Edelstahl): Verwendung eines Aktivators
  • Endfestigkeit nach 3 bis 24 Stunden
  • Fixierung bis zur Handfestigkeit
  • Arbeits- und Umweltschutz ist entsprechend anzuwenden (Allgemeines: s. Kapitel 7; Details: s. Sicherheitsdatenblatt)

Typische Eigenschaften des ausgehärteten Klebstoffes

  • Verschiedene Klebstoffsysteme mit unterschiedlichen Festigkeiten (niedrig-, mittel-, hochfest), je nach Bedarf
  • Dauereinsatztemperatur – 60 °C bis max. 150 °C, kurzzeitig bis 180 °C
  • Hohe Stoß- und Vibrationsfestigkeit
  • Sehr gute Beständigkeit gegen Öle, Lösemittel und Feuchtigkeit
  • Hochfeste Systeme nur bei Temperaturen von 300 – 400 °C demontierbar

Beachten:

  • Sauerstoffabschluss durch entsprechende Geometrie garantieren
  • Metallkontakt sicherstellen oder Aktivator verwenden

Bei Produktfragen siehe technisches Datenblatt oder Klebstoffhersteller kontaktieren.

Polymerisationsklebstoffe: Strahlenhärtbare Acrylate

Allgemeine Beschreibung

  • 1K-Verarbeitung
  • Aushärtung durch Licht bestimmter Wellenlänge; meist UV-Licht
  • Aushärtung zum Thermoplast; seltener zum Duromer

Physikalische Eigenschaften des unausgehärteten Klebstoffes:

  • Flüssig

Verarbeitung:

  • Manuelle, halbautomatisierte oder automatisierte Verarbeitung
  • Bevorzugte Anlagentechnik ist über den Klebstoffhersteller zu erfragen
  • Verarbeitungstemperatur: Raumtemperatur
  • Normaler Anpressdruck
  • Aushärtung erfolgt durch Licht einer bestimmtem Wellenlänge; meist UV-Licht
  • Licht wird während der kompletten Härtung benötigt
  • Klebschichtdicke: 0,1 – 0,5 mm
  • Lichtdosis beachten; kein Überhärten möglich, aber Abbaureaktionen bei massiver Überschreitung der optimalen Dosis
  • Härtungsdauer: zwischen 1 s und einigen Minuten
  • Mindestens ein strahlungsdurchlässiges Fügeteil erforderlich
  • Fixierung bis zur Handfestigkeit
  • Arbeits- und Umweltschutz ist entsprechend anzuwenden (Allgemeines: s. Kapitel 7; Details: s. Sicherheitsdatenblatt)

Typische Eigenschaften des ausgehärteten Klebstoffes

  • Mittel- bis hochfest
  • Unterschiedliche Flexibilitäten je nach Rohstoff
  • Relativ schlagfest
  • Dauereinsatztemperatur von – 30 °C bis ca. 120 °C, kurzzeitig auch darüber
  • Bei einigen Anwendungen (z. B. Glaskleben) Nachhärtung durch Sonnenlicht

Beachten: 

  • Mindestens ein Fügeteil muss für die zur Härtung notwendigen Strahlen durchlässig sein.
  • Strahlendosis abhängig von z. B.: Klebstoffprodukt, Klebschichtdicke, Fügeteilwerkstoff und -dicke, Strahlenquelle und Abstand Strahlenquelle/Klebschicht

Bei Produktfragen siehe technisches Datenblatt oder Klebstoffhersteller kontaktieren.

Polymerisationsklebstoffe: Lichtaktivierbare Epoxide

Allgemeine Beschreibung

  • 1K-Verarbeitung
  • Start der Aushärtung durch Licht bestimmter Wellenlänge; meist UV-Licht
  • Aushärtung zum Duromer

Physikalische Eigenschaften des unausgehärteten Klebstoffes:

  • Flüssig

Verarbeitung:

  • Manuelle, halbautomatisiert oder automatisierte Verarbeitung
  • Bevorzugte Anlagentechnik ist über den Klebstoffhersteller zu erfragen
  • Verarbeitungstemperatur: Raumtemperatur
  • Normaler Anpressdruck
  • Klebschichtdicke: 0,1 – 0,5 mm
  • Aushärtung durch Licht einer bestimmten Wellenlänge; meist UV-Licht
  • Ablauf der Aushärtung: 3 – 60 s Belichtung (Lichtaktivierung), danach bis zu 24 h Aushärtung ohne Bestrahlung (Dunkelreaktion)
  • Beschleunigung und erhöhte Festigkeiten durch wärmeunterstützte Härtung; z. T. nachtempern erforderlich
  • Strahlendosis beachten
  • Kleben strahlendurchlässiger Fügeteile: Lichtaktivierung und Dunkelreaktion in der Klebfuge
  • Kleben strahlenundurchlässiger Fügeteile: Lichtaktivierung vor dem Fügen; Dunkelreaktion nach dem Fügen
  • Fixierung bis zur Handfestigkeit
  • Arbeits- und Umweltschutz ist entsprechend anzuwenden (Allgemeines: s. Kapitel 7; Details: s. Sicherheitsdatenblatt)

Typische Eigenschaften des ausgehärteten Klebstoffes

  • Hochfest
  • Spröde, geringe Bruchdehnung
  • Dauereinsatztemperatur – 30 bis max. + 120 °C; kurzzeitig bis 180 °C
  • Sehr gute Beständigkeit gegen Öle, Lösemittel und Feuchtigkeit

Beachten:

  • Strahlendosis einhalten
  • Strahlendosis abhängig vom Klebstoffprodukt, von der Strahlenquelle und vom Abstand Strahlenquelle/Klebschicht

Bei Produktfragen siehe technisches Datenblatt oder Klebstoffhersteller kontaktieren.

Polymerisationsklebstoffe: Ungesättigte Polyester

Allgemeine Beschreibung

  • Zweikomponentenklebstoff (2K)
  • Harz enthält Styrol (Lösemittel); während der Aushärtung verdunstet dies teilweise
  • Aushärtung zum Duromer

Physikalische Eigenschaften des unausgehärteten Klebstoffes:

  • Flüssig bis pastös

Verarbeitung

  • Manuelle, halbautomatisierte oder automatisierte Verarbeitung
  • Bevorzugte Anlagentechnik ist über den Klebstoffhersteller zu erfragen
  • Verarbeitungstemperatur: Raumtemperatur
  • Normaler Anpressdruck
  • Klebstoffschichtdicke: 0,2 – 0,5 mm
  • 2K-Verarbeitung
  • Raumtemperaturhärtend mit Katalysator oder warmhärtend im Ofen
  • Anpassung des Aushärteverlaufs durch Variation der Zusatzmengen an Beschleuniger und Inhibitor
  • Relativ hoher Schwund beim Aushärten
  • Fixierung bis zur Handfestigkeit bzw. während des gesamten Ofenprozesses
  • Arbeits- und Umweltschutz ist entsprechend anzuwenden (Allgemeines: s. Kapitel 7; Details: s. Sicherheitsdatenblatt)

Ungesättigter Polyester: Typische Eigenschaften des ausgehärteten Klebstoffes

  • Hochfest
  • Relativ flexibel (geringer als PUR)
  • Max. Dauereinsatztemperatur bis ca. 140 °C
  • Hohe Dauerschwingfestigkeit

Beachten:

  • Mischungsverhältnis einhalten
  • Gründliches Mischen unbedingt erforderlich, aber Blasenbildung ist zu vermeiden
  • Verarbeitungszeit/Topfzeit abhängig von der Umgebungstemperatur, der Ansatzmenge und dem Klebstoffsystem
  • Beim Überschreiten der Verarbeitungszeit: Klebstoff, der noch nicht aufgetragen wurde, nicht weiter verarbeiten, sondern entsorgen!
  • Nach Überschreiten der Verarbeitungszeit keine Korrektur der geklebten Fügeteile mehr zulässig
  • Temperaturbelastbarkeit der Fügeteile vor Aushärtung (Ofen) überprüfen
  • Aufheiz- und Abkühlzeiten der Fügeteile beachten, diese Zeit muss zur Aushärtungszeit des Klebstoffes dazu gerechnet werden
    → Vorsicht bei dicken Fügeteilen
  • Heiztemperatur bezieht sich auf die Temperatur in der Klebfuge
    → Vorsicht bei dicken Fügeteilen
  • Beim Aufheizen und Abkühlen können Spannungen im Klebverbund auftreten.

Bei Produktfragen siehe technisches Datenblatt oder Klebstoffhersteller kontaktieren.