5.1 Einleitung
Eine zentrale Forderung an die Oberfläche besteht darin, dass die Oberflächenschicht, auf der sich das eigentliche Kleben abspielt – also auf der der Klebstoff haftet – fest mit dem Fügeteil verbunden sein muss.
Man stelle sich stark verrostete Stahloberflächen vor, die geklebt werden sollen. Wird die oberflächliche Rostschicht nicht entfernt, so wird lediglich der Rost beider Fügeteile miteinander verklebt. Bei einer Beanspruchung löst sich der Rost jedoch mit dem Klebstoff zusammen von den Fügeteilen ab.
Unter anderem aus diesem Grund stellt die Oberflächenbehandlung der zu klebenden Fügeteile einen wichtigen Schritt der klebtechnischen Fertigung dar.
Es sollen hier die wichtigsten grundlegenden Fragestellungen erläutert sowie die bedeutsamsten Verfahren, aufgeschlüsselt nach den verschiedenen Fügeteilmaterialien, vorgestellt werden.
Bei der Ermittlung von Prozessparametern sind gegebenenfalls externe Berater hinzuzuziehen.
Um die Funktion einer Klebung, nämlich die Haftung des Klebstoffes an der Fügeteiloberfläche, zu erfüllen, ist es notwenig, dass der Klebstoff die Oberfläche benetzt.
Dazu muss der Klebstoff sehr, sehr dicht in die Oberflächenrauigkeit. einfließen.
Nur dann können Haftungskräfte (Adhäsionskräfte) zwischen Klebstoff und Fügeteil aufgebaut werden.
Diese Adhäsionskräfte haben nur eine Länge von unter einem Nanometer! (siehe Kapitel 0)
Diese Adhäsionskräfte haben nur eine Länge von unter einem Nanometer ist der millionste Teil eine Millimeters!
D. h. Klebstoff und Fügeteil müssen so dicht zusammenkommen, dass der Abstand (nicht die Klebstoffschichtdicke) kleiner als 1 Nanometer ist!
Um dieses erreichen zu können, muss der Klebstoff das Fügeteil benetzen.
Dies kann nur über eine geeignete Oberflächenbehandlung ermöglicht werden. Ohne diese können nicht ausreichend starke Adhäsionskräfte ausgebaut werden.
Bindungskräfte in Klebungen: Adhäsion
Ein Nanometer (nm) = 1 x 10-9 m
Klebtechnische Anforderungen an eine Oberfläche
- Oberfläche muss fest mit dem Grundwerkstoff verbunden sein
- Oberfläche sollte gut benetzbar sein
- Oberfläche sollte gut klebbar sein
- Oberfläche darf sich nach dem Kleben nicht mehr unkontrolliert verändern
→ Um diese Anforderungen zu erfüllen, ist eine Oberflächenbehandlung der Fügeteile notwendig!
Ziele der Oberflächenbehandlung:
- Verbesserung der Benetzung
- Verbesserung der Adhäsion
- Verbesserung der Reproduzierbarkeit der Oberfläche
- Verbesserung der Langzeitbeständigkeit der Klebung
Ziel ist es also eine definierte, für die jeweilige Klebaufgabe geeignete Oberfläche zu erzeugen.
Grundsätzlich gilt, möglichst unmittelbar nach der Oberflächenbehandlung zu kleben und eine erneute Oberflächenverschmutzung zu vermeiden.
Die Oberflächenbehandlung der Fügeteile stellt im klebtechnischen Prozess einen entscheidenden Schritt dar. Im einfachsten Fall reicht die Reinigung der Fügeteile aus, bei anderen Klebungen sind sehr umfangreiche Oberflächenbehandlungen mit diversen Schritten notwendig.
Neben der Verbesserung der Benetzung, der Adhäsion, der Reproduzierbarkeit sowie der Langzeitbeständigkeit müssen jedoch auch die Aspekte Zeit und Kosten der Oberflächenbehandlung berücksichtigt werden. So gilt: So viel wie nötig, so wenig wie möglich!
Die Auswahl der geeigneten Oberflächenbehandlung hängt von einer Vielzahl von Kriterien ab. Die Angebote der Klebstoffhersteller, der Hersteller von Vorbehandlungsanlagen und von externen Beratern, die die Anwender bei der Auswahl der Vorbehandlungsmethode unterstützen, sollten genutzt werden.
Wie auch bei anderen Arbeitsprozessen, so ist auch für die Oberflächenbehandlung eine Gefährdungsbeurteilung durchzuführen und schriftlich festzuhalten.
Wird mit Gefahrstoffen wie Primern oder Beizlösungen gearbeitet, so sind die nötigen Informationen im Sicherheitsdatenblatt enthalten.
Darüber hinaus sind auch die Risiken von Schleifstaub usw. und gegebenenfalls bei der Arbeit entstehende Gase o. ä zu berücksichtigen.
Grundsätzliche Informationen zum Thema Arbeits- und Umweltschutz sind in Kapitel 7 zu finden.
Art und Umfang der Oberflächenbehandlung richten sich nach:
- dem Fügeteilwerkstoff,
- dem Klebstoff,
- dem aktuellen Zustand der Oberfläche,
- den zu erwartenden Beanspruchungen im Gebrauch
- und den Richtlinien für Arbeits- und Umweltschutz.
Im Einzelfall können auch bereits bestehende Oberflächenbehandlungen aus anderen Klebprozessen in der Fertigung Einfluss haben.
Allgemein gilt: je wichtiger eine Klebung für die Funktionsfähigkeit eines Produktes ist, desto mehr Augenmerk muss auf die Auswahl und Durchführung der Oberflächenbehandlung gelegt werden. Einem Versagen der Klebung, was gegebenenfalls auch Personenschäden zur Folge haben kann, kann so erfolgreich begegnet werden.